Bericht:
Urs Steinemann

Fotos:
Züsi Widmer
Yolande Burnod

Perrig-Chiello: Enge Beziehungen sind gut für die Gesundheit

Im Rahmen der Vortragsreihe „Lebensübergänge im Alter gestalten“ sprach Frau Pasqualina Perrig-Chiello am 5. Februar bei den Grauen Panthern über „Soziale Beziehungen – Verluste und Neubeginne“. Frau Perrig ist emeritierte Professorin für Entwicklungspsychologie der Universität Bern. Sie trat allerdings erfrischend unprofessoral auf in Jeans und Pullover. Und Ruedi Hösli von der Vorbereitungsequipe stellte sie auch unkompliziert vor. Viele kannten sie jedoch bereits von der Seniorenuniversität her als anregende und kompetente Referentin. Darum war der Vortrag auch sehr gut besucht.

Beim Thema Alter haben viele Junge ein negatives Bild, vor allem von Beschwerden. Natürlich kennen auch älter werdende Menschen diese Ängste. Sie fürchten sich vor Demenz, vor Einsamkeit, davor, pflegebedürftig zu werden.
Aber ebenso berechtigt sind heute die Hoffnungen auf geistige Fitness, Autonomie, Gesundheit und finanzielle Sicherheit.
Besonders wichtig ist in jedem Fall aber ein soziales Netz. „Das, was alte Menschen bis zum letzten Atemzug am nötigsten brauchen, sind bedeutsame persönliche Beziehungen“, schrieb Lily Pincus, in ihrem Buch „Das hohe Alter“, 1993. Isolation hat nachweislich schlechtere Gesundheit und höhere Mortalität zur Folge. Sie ist schädlicher als 15 Zigaretten täglich, schädlicher als das Fehlen sportlicher Betätigung und doppelt so schädlich wie Adipositas. Diese Aussagen konnte Frau Perrig auf Grund der Forschung gründlich belegen. So hat eine Langzeitstudie bei über 10’000 Probanden bewiesen, dass konflikthafte Beziehungen und geringe Unterstützung das Risiko für Erkrankung an Alzheimer signifikant vergrössern.
Dabei ist zwischen sozialer Isolation (objektivierbares Fehlen sozialer Beziehungen) und Einsamkeit zu unterscheiden. Neben der sozialen ist vor allem die emotionale Einsamkeit von Bedeutung. Überraschenderweise hat man festgestellt, dass die Einsamkeitsgefühle mit zunehmendem Alter deutlich abnehmen, besonders bei Frauen. Werden wir in dieser Hinsicht weniger anspruchsvoll?

Risikofaktoren für Einsamkeit sind hohes Alter, niedrige Bildung und Armut, gesundheitliche Probleme, chronische Belastungen (z.B. durch die Pflege Angehöriger) und kritische Lebensereignisse. Eine Betroffene hat das dichterisch ausgedrückt: „Voll von Freunden war mir die Welt,/ Als das Leben noch licht war./ Nun, da der Nebel fällt,/ Ist keiner mehr sichtbar.“
Soziale Verluste sind Altersschicksal; die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) der Einzelnen ist jedoch auch im Alter ganz erstaunlich. Es gelingt den Betroffenen weitgehend, mit solchen Verlusten zurecht zu kommen. Das braucht allerdings Zeit – im allgemeinen etwa zwei Jahre. Dafür spielen viele Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle; aber natürlich auch die soziale Unterstützung, die finanzielle Situation – und eine neue Beziehung!
Hier helfen die Trends unserer Zeit. Dass zum Beispiel vermehrt nichteheliche Beziehungen möglich sind und gelebt werden; aber auch mehr enge Freundschaften. Nachbarschaften werden wieder wichtiger. Die Generationenbeziehungen sind mehrheitlich gut, wenn auch oft durch die Distanzen erschwert.

Welche Massnahmen gibt es gegen die Einsamkeit? Dazu gehören Bildungsangebote wie die Veranstaltungen der Grauen Panther, der Volkshochschule, das Projekt „Senioren für Senioren“, das Collegium 60+; sowie die Mitarbeit in Quartierorganisationen, Besuchsdienste, Fahrdienste usw. Letztlich kommt es auf uns selber an. Offen sein für Neues. Dazu ist dem Berichterstatter der schöne Satz von Martin Buber, der selbst ein hohes Alter erreichte, eingefallen: „Alt sein ist ein herrlich Ding, wenn man nicht verlernt hat, was anfangen heisst.“ Die Referentin stellte einen andern Satz an den Schluss ihrer Ausführungen: „Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.“
Es war ein eindrückliches Referat mit vielen guten Anregungen. Diese lassen sich aber nicht ohne weiteres schriftlich weitergeben. „Les absents ont toujours tort!“ Also: Die nächsten Referate nicht verpassen!

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