Von Bally-Engeln und Aprilfischen…

Im zweiten Anlauf klappte es: 30 Panther verbrachten, geführt von Norbert Hochreutener, einen höchst informativen und amüsanten Nachmittag im Bundeshaus.

Bericht von Carola Androwski
Fotos von Jacky Breitenmoser

«An ihren Zeichen sollt ihr sie erkennen…»

Man konnte sie nicht verfehlen, die 30 Panther, die auf den flughafenähnlichen Einlass ins Allerheiligste der Schweizer Eidgenossenschaft, dem Bundeshaus, warteten. Fröhliches, erwartungsvolles Geschnatter begrüsste jeden Neuzugang.

Sicherheitstechnische Hürden überwunden, stellte Pantherin Ursula Hürzeler, Organisatorin des Anlasses, ihren ehemaligen Kollegen, Norbert Hochreutener, vor, Bundeshausredaktor für Radio und Fernsehen DRS und später Nationalrat für den Kanton Bern.

«Als 1848», beginnt dieser gleich die Erläuterungen zu seiner ehemaligen beruflichen Heimat, «die Bundesverfassung in Kraft trat, gab es hier das erste Inselspital und Wiese! Erst in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts entstand zuerst das Bundeshaus West, dann das Bundeshaus Ost – eher nüchterne Zweckbauten – bevor, von 1894 bis 1902, das eigentliche Parlamentsgebäude in seiner heutigen historistischen Form entstand und die beiden drei Gebäude miteinander verband.» Nicht uninteressant ist dabei die Tatsache, dass die beiden Preisträger des Architekturwettbewerbs, Alfred Friedrich Bluntschli und Hans Wilhelm Auer, bei Gottfried Semper, dem Architekten der Semper Oper in Dresden, studierten.

«Symbolik ist hier alles!» erklärt unser Gastgeber, wobei er die Stimme bis zum Maximum ausreizen muss, da mit grossem Getöse gerade die letzten Vorbereitungen für den Doppel-Staatsbesuch aus China und der Ukraine getroffen werden. «Sicherheitsvorschriften waren hier vor dem Attentat in Zug 2001 sehr locker», erinnert er sich. «Eines dunklen Abends begegnete mir hier auf der Haupttreppe ein Mann mit Pistole, der sich hinter einer Säule zu verstecken versuchte. Glücklicherweise wurde er sofort von zwei Wachen überwältigt. Danach wurden die Sicherheitsvorschriften zum ersten Mal verschärft.»

Weiter geht’s durch die Heiligen Hallen. Im Ständeratssaal erklärt der Bundeshauskenner «Sehr oft werden schwierige Themen erst einmal im Ständerat verhandelt, da es dort ruhiger und sachlicher zu und her geht als im Nationalrat. Wenn das Thema anschliessend in den Nationalrat kommt, hat es grössere Chancen, angenommen zu werden.» Auch die Einrichtung des Saals ist beeindruckend – vor allem sein Kronleuchter, ein jugendstiliges Eisenungetüm der Jahrhundertwende, dessen tonnenschwere Schönheit als besonderer Schatz des Bundeshauses gilt. Ferdinand Hodlers Wölkchen durften dafür nicht über die grosse Wand im Ständeratssaal segeln – die Kantone wünschten mehr Volksnähe…

Der Maler Charles Giron dagegen durfte mit seinem Monumentalgemälde «Die Wiege der Eidgenossenschaft» die grosse Wand im Nationalratssaal schmücken. Abgesehen von seiner Rütlischwur-Thematik beherbergt das Gemälde zwei brisante Details, die nur ein Kenner wie Norbert Hochreutener weiss: Der welsche Charles Giron machte sich den Spass, zur Einweihung des Saals am 1. April 1902 einen Fisch im Gemälde zu verstecken, einen sogenannten «Poisson d’Avril», einen Aprilscherz. Ein sanfter Scherz, brauchten die Panther doch einige Zeit, um den Fisch auf dem Felsvorsprung zu entdecken…
Zweites Detail ist die nackte Frauengestalt mit Ölzweig, versteckt in den Wolken über dem See, die der Maler eigenmächtig ins Gemälde setzte. Die Begeisterung der Auftraggeber hielt sich in engen Grenzen, aber durch den hinzugefügten Zweig wurde sie zur «Friedensgöttin» und durfte bleiben.

Die Wandelhalle des Bundeshauses hat es Norbert Hochreutener besonders angetan. Zurecht, nachdem er seine Pantherschar auf die scheinbar so harmlos barocken Engelsmedaillons im Deckenfries aufmerksam gemacht hat: Neben Staatstugenden wie Wahrheit, Vaterlandsliebe etc. tragen in bescheidenen Nebenmedaillons die einen Engelchen Schuhe – ob von Bally gesponsert, ist nicht erwiesen – und die anderen Engelchen geben sich als Touristenengel, Bäckerengel etc. zu erkennen. (Ob Paul Klee die Inspiration für seine Engel hier erhielt?) Auf sehr schweizerische Weise paart sich so die hehre Staatstugend mit den pekuniären Errungenschaften des wirtschaftlichen Lebens.

Die böse Uhr treibt uns ins Café des Alpes, wobei wir doch unserem amüsanten Erzähler gerne noch ein Weilchen länger bei der Vorstellung des Wandelgangs zugehört hätten. Doch die Zeit ist knapp – extra unseres Besuches wegen blieb das Café geöffnet – für eine kurze Fragestunde mit Norbert Hochreutener. Natürlich wird die Frage gestellt, wie sein Wechsel von der Presse zum Politiker im Bundeshaus aufgenommen wurde. Die Antwort überrascht: «Hier im Haus war ich mit diesem Wechsel sofort degradiert. Bei der Bevölkerung nicht – im Gegenteil, aber hier – als Politiker? Davon haben sie selber genug, die sind nicht interessant.»

«Was können wir Alten noch politisch bewegen» war eine der Fragen und unser Gastgeber brachte sofort das Beispiel von der Abstimmung 2017, als die ältere Generation den Ausschlag dafür gab, dass unter anderem der Umwandlungssatz bei der Pensionskasse nicht abgesenkt wurde. Die Alten – so Hochreutener – können ihre Interessen sehr wohl durchsetzen. Manchmal auch auf Kosten der Jungen. So rechnet er im März mit einem Ja zur 13. AHV-Rente.

Zum Schluss stellt er der versammelten Pantherschar einen weiteren Zweig seiner beruflichen Karriere vor: den des erfolgreichen Krimischriftstellers, der mit seinem Kollegen Heinz Ramstein die Figur des Fernsehreporters Marc Dubach brisante Fälle aus Wirtschaft, Bankenwesen und Kunsthandel lösen lässt. Wir sind beeindruckt – und stürzen uns ganz dezent auf die signierten Exemplare, die Norbert Hochreutener vorsorglich mitgebracht hatte.

Vielen Dank, Uschi für Deine Organisation und Norbert Hochreutener für den interessanten wie auch hochamüsanten Nachmittag im Bundeshaus!

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