Nachruf von Daniela Tognali
Fotos von Margrit Berger, Ursula Hürzeler und Ursula Däppen
Ich traf Susanna Zimmermann das erste Mal 1965 im damaligen Reisebüro Popularis Tours in Bern, als ich nach meinem Englandaufenthalt dort in der Italienabteilung eine Stelle antrat. Sie betreute damals bereits ihr geliebtes Schweizer Feriendort «Golfo del Sole» bei Follonica. Durch unsere Liebe zu Italien kamen wir uns schon damals etwas näher.
Da Susanna eine Tante/Gotte hatte, die in Mailand lebte, verbrachte sie schon als Kind viele Ferien am adriatischen Meer und sprach deshalb auch fliessend Italienisch. 1967 verabschiedete ich mich von Popularis und zog nach Montreal und die Weltausstellung ins Schweizerpavillon. Susanna blieb jedoch der Popularis treu und erweiterte ihre geografischen Kenntnisse mit neuen Angeboten sowohl in Italien wie in Frankreich.
Unsere erste, von vielen weiteren gemeinsamen Reisen, führte uns nach Asien. Da wir bei längeren Reisen betreffend Gepäck noch keine Erfahrung hatten, und es damals noch keine Rollkoffer gab, packten wir alles Nötige und Unnötige ein und realisierten erst an Ort und Stelle, das wir in jenen Ländern alles viel günstiger und von guter Qualität hätten kaufen können. Dies hinderte uns jedoch nicht, alle Märkte und interessante Läden «abzuklopfen».
Die nächste Reise ging in die entgegengesetzte Richtung. Ob Susanna sich vor Seekrankheit fürchtete, begleitete sie mich auf eine Kreuzfahrt in der Karibik…… und es gefiel ihr sehr gut und auch die See war gnädig. Sie schwamm sehr gerne und gut und so konnte sie auch die wunderbaren Karibikstrände und das glasklare, türkisfarbene Wasser geniessen. Auch bei der Unterhaltung an Bord war sie voll dabei. Sie war ein Mensch, der sehr schnell den Kontakt zu andern Personen findet, und daraus entstanden meist interessante Gespräche.
Wieder zu Hause stürzte sie sich voll in ihre Arbeit. Sie war auch viel in Italien und Frankreich beruflich unterwegs, wo sie neue Angebote besuchte und sehr genau und manchmal etwas pedantisch bewertete, bevor sie sich entschied ein Objekt in den Ferienkatalog aufzunehmen. Trotz der vielen Arbeit gingen wir weiter zusammen auf Reisen. 1984 in nach Ägypten auf eine Nilkreuzfahrt. Das schottische Getränk, das später ihr «Markenzeichen» und ihr Übername
«Whisky-Susanna» wurde, war schon auf unseren Reisen dabei. Sie behauptete, 1-2 Schlucke vor dem Zubettgehen wären wie ein Desinfektionsmittel!
Susanna hat unterwegs auf unseren Reisen immer sehr viel fotografiert. Sie hatte ein sehr gutes Auge für aussergewöhnliche, manchmal unauffällige Sujets.
Nach den ägyptischen Pharaonen wechselten wir auf unserer nächsten Reise zu den Kaisern Chinas. Zwei Kulturen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch sehr viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Staunen, staunen und nochmals staunen. Die Pracht der «Verbotenen Stadt», die Weite der Grossen Mauer, das hauchdünne chinesische Porzellan und die wunderbaren Seidenstoffe. Das heimische Handwerk war damals (1986) noch sehr aktiv, und wir kauften Sachen, die wir zuhause gar nicht gebrauchen konnten! Was jedoch von ausser- gewöhnlicher Qualität war, sind die Kaschmirpullover. Beim Essen jedoch konnten wir nicht so sehr rühmen, da wir z. T. gar nicht richtig wussten (und es auch lieber nicht wissen wollten!) war wir überhaupt assen. Susanna hatte da manchmal ganz fantasievolle «Erklärungen». Mit Fantasie war sie übrigens sehr gut «ausgerüstet», und wir haben immer sehr viel gelacht. Am Schluss der Reise ging es noch nach Hongkong, wo wir die ausgezeichneten Einkaufsmöglichkeiten und die Dienste der Superschneidereien genossen. Susanna glänzte in einem für sie auf Mass geschnittenen roten, langen, schulterfreien Abendkleid.
Bei jeder Rückkehr in die Schweiz auf der Zugfahrt von Kloten nach Bern meinte Susanna: «Es ist halt doch sooo schön in der Schweiz»
Lassen wir mal alle andern Übersee-Reisen beiseite und kommen näher zur Gegenwart, obwohl wir das Reisen nicht aufgaben, aber in Europa blieben. Susanna plädierte zuerst für Irland. Ich war nicht so sehr auf den Norden ausge- richtet, stimmte ihr jedoch bei und beide kamen begeistert aus diesem Land zurück. Das Autofahren teilten wir uns immer auf: ich am Steuer, sie mit der Michelin-Karte als Beifahrerin. Wenn wir trotzdem nicht Weiter wussten, hielt sie, wie es so ihre Art war, das nächste Auto an und erkundigte sich, mit einem naiven Lächeln (!!), nach dem Weg. Für die netten Autofahrer, die uns dann einige Km vorausfuhren, hatte sie einen kleinen Berner Lebkuchen als Dankeschön bereit. Von diesen hatte sie immer «tonnenweise» dabei. Diese Tradition behielt sie auch in der Schweiz bei den GP-Dysli Carreisen für die Chauffeure bei.
Auf der Reise nach Jersey und Guernsey begannen wir auch Wanderungen in unsere Reisen einzuplanen. Verwöhnt durch die ausgezeichnete Signalisierung der Wanderwege in der Schweiz, standen wir manchmal vor einem grossen Fragezeichen: wo geht es wohl weiter? In Sizilien dachten wir, eine Nacht im Freien erleben zu müssen. Ein Teil der besuchten Länder zu Fuss erkunden zu können war wunderschön… und Susanna knipste alles was sehenswert war; auch die «Whisky-Wäntele» war immer dabei.
Nach ihrer Pensionierung trat Susanna den Verein Graue Panther bei und kostete vor allem die gut organisierten und interessanten Wanderungen aus. Als ich 10 Jahre später auch in den Ruhestand trat, war ihr erster Kommentar: jetzt kannst du auch zu den Panthern kommen. Ich freute mich aufs Wandern und bald wurde ich auch als Wanderleiterin eingesetzt und lernte von unseren Wanderleitern sehr viel. Irgendwann (ehrlich gesagt, erinnere ich mit nicht mehr genau an den Zeitpunkt, kann die Idee des «Jassen und Spielen» auf. Wie immer in solchen Situationen setzte sich Susanna mit Herz und Seele als Organisatorin ein und wehe, wenn ihr jemand in die Quere kam! Auch beim Jasstournier war sie mit voller Energie dabei.
Am Zibelemärit in Bern findet in der Heiliggeistkirche am Vormittag immer ein Konzert statt. Auch hier sah sie eine Möglichkeit für die Panther etwas zu orga- nisieren. Sie reservierte Plätze, sammelte die Leute vor der Kirche und (während vielen Jahren) lud sie die Gruppe anschliessend zu einem Apero bei sich zuhause ein. Anschliessend hatte sie für uns im Egghölzli Zwiebel- resp. Käsekuchen bestellt. Dieses Organisationstalent hatte sie natürlich während ihrer beruflichen Laufbahn erlernt. Einmal jedoch fand sie sich mit einer Gruppe und dessen reservierten Wagons bei Triest auf einem Abstellgeleise. Man hatte sie einfach vergessen! Könnt ihr euch Susannas Reaktion vorstellen? Sie stellte das halbe Bahnpersonal auf den Kopf und wenig später konnten sie Richtung (damals) Jugoslawien weiterfahren.
Es war ihr vergönnt noch recht lange in ihrer geliebten Wohnung in der Lorraine wohnen zu können. Leider machte plötzlich die Gesundheit nicht mehr mit und entschied sich für den Umzug in die Altersresidenz Fellergut. Auch dort war sie beim Mittagessen an ihrem Stammtisch diejenige, die die Konversation hochhielt.
Ich habe gehofft, dass sie ruhiger hätte «einschlafen» können. Ich muss aber gestehen (siehe obigen Bericht), dass sie ein erfülltes, interessantes und abwechslungsreiches Leben führen konnte.